Editorial — Sven Baum

Glaube an den Instinkt

Fotograf Sven Baum entdeckte seine Faszination für Kameras, als er 1988 die Rolleicord seiner Mutter stibitzte und damit vom Fenster aus die Nachbarn fotografierte. Für uns hat er sich die Frage gestellt, was das Wort Instinkt in der Fotografie bedeutet.

28. Juli 2018 — MYP N° 23 »Instinkt« — Text & Fotos: Sven Baum

Laufen, warten, beobachten, weitergehen. Man fühlt es nicht, man spürt es nicht.

In einem tausendstel einer Sekunde ist es möglich, einen Moment einzufrieren, der sowohl ein Gefühl als auch eine Emotion transportiert. Das ist der Idealfall mit der emotionalen Bindung an einen Moment steht und fällt die Erinnerung daran.

Die Technik ist heutzutage nicht mehr das Problem, der Moment der Entscheidung um so mehr. Der Unterschied vom analogen zum digitalen besteht darin: der Respekt dem Moment gegenüber und der Glaube an seinen Instinkt. Er sollte uns Vertrauen geben und Zuversicht.

Die berühmten Vorbilder, von denen man lernen sollte, sagen: ”Fuck the easy shots!” Mut sollte unser Antrieb sein, der Instinkt würde uns schon leiten. Er würde uns in dunkle Gassen führen, über Zäune klettern lassen, Wildfremden den Atem rauben und anderen eine Inspiration sein.

Jeder will Erfolg und Anerkennung, aber der Weg dahin dauert – und das soll er auch. Seinen eigenen Stil zu finden, ist ein monatelanger, ja sogar jahre- oder jahrzehntelanger Prozess, an den man irgendwann stolz zurückdenkt und auf den man mit einem Lächeln zurückblickt. Egal ob Hobby, Beruf oder Berufung, der Instinkt lässt uns zu gegebenem Anlass den passenden Moment erkennen und dann zuschlagen.

Die weisen Lehren aus Fernost werden oft mit dem Satz „Ein voller Geist muss erst gelehrt werden!“ zitiert. Persönlich stimme ich dem zu. Das Foto ist nun mal eine visuelle Darstellung des eigenen Gemütszustandes, ein Spiegel deiner selbst. Der Instinkt – die Summe aller deiner Teile.

Laufen, warten, beobachten, einatmen, ausatmen, Schuss, …Treffer?