Submission — Jonas Meyer

Meeresrauschen

27. Oktober 2013 — MYP No. 12 »Meine Stille« — Text & Foto: Jonas Meyer

Wie lange ich hier schon stehe, das weiß ich nicht. Einige Minuten vielleicht. Oder eine Stunde – wen kümmert’s. Zeit ist ohnehin nicht existent an diesem wundervollen Ort.

Und so geht es gerade nur um mich, die Sonne und das Meer. Keinen einzigen Gedanken verschwende ich an jenes ständige Zuviel, das zuhause bereits hektisch mit den Hufen scharrt und zähnefletschend auf mich wartet.
Die Drohkulisse, die es aus der Ferne aufbaut, reicht einfach nicht an mich heran: Sie wird verschluckt vom Rauschen des Pazifiks und verschwindet irgendwo im Dunkelblau.

Während sich meine Augen in der Unendlichkeit des Horizonts verlieren, wächst langsam in mir die Frage nach dem Sinn – dem Sinn, zurückzukehren und mich jenem ständigen Zuviel zu unterwerfen, das nur darauf wartet, mich zu packen.

Plötzlich höre ich Stimmen hinter mir: Cris und Rem wollen in Santa Barbara sein, bevor es dunkel wird. Die Sonne, das Meer und ich schauen uns traurig an und fallen uns in die Arme: Es ist Zeit, sich zu verabschieden.

Als wir uns ein letztes Mal umarmen, streckt mir der Pazifik ein kleines Geschenk entgegen: „Das ist etwas von meinem Meeresrauschen, es beschützt dich vor dem Monster.“

Überglücklich packe ich das Geschenk in meine Tasche, laufe zur Straße und steige ins Auto. „See you soon!“, flüstere ich leise. Ich komme bald wieder.

Denn hier geht es nur um mich, die Sonne und das Meer.