Submission — János Spindler

In den Wellen

14. Dezember 2014 — MYP No. 16 »Meine Stimme« — Text: János Spindler, Foto: Franz Grünewald

Meine Stimme ist ein stumpfes Messer.

Ich kann mich nicht mehr hören, mit dem Kopf gegen diesen Lärm gestellt, wie gegen eine Betonmauer. Habe ich eine Stimme, wenn sie niemand hört? Weil ich zu leise bin oder dein Raucherhusten zu laut?

Gehören mir diese Worte, oder sind sie nur geliehen, wenn ich anstatt Lauten, nur die Bitterstoffe auf meiner Zunge schmecke? Ich lecke mir im Mundraum, die Sprachrückstände aus den Lücken der stumpfgesprochenen Zähne und schlucke sie hinunter, weil ich das seit Jahren tue.

Meine Stimme ist nur ein Geräusch, ohne Ursprung und Ziel, die sich in der Nacht verirrt und wie ein Magnet gepolt von Wänden
abprallt, sobald der Schall aus meinem Kehlkopf sie berührt.

Wenn die Belüftungsanlage im Heizkeller und der Regen, im selben Takt miteinander surren und prasseln, dann klingen sie wie große Wassermassen, die gewaltsam an den Sandstrand schlagen.

Wie eine Welle, die niemand mehr hört, klingt meine Stimme immer gleich. Bei Ebbe schwimme ich davon, vor dem Geschrei der Stadt und dem Krach der Menschen und mit jedem Wort, stoße ich mich eine Armlänge weiter weg, von der Masse und mit jeder Atempause verlerne ich es mehr.

Meine Stimme ist ein Fragment
der Hysterie,
die mich umgibt,
die mich zersetzt,
die mich verstummen lässt.

Deine Lippen beginnen zu zittern.

Ich bekomme davon Nasenbluten.

Ich möchte nicht mehr sprechen,
sondern weiter schwimmen,
in den Wellen.