Submission — Yvonne Most

Schwarze Löcher

31. August 2014 — MYP No. 15 »Meine Heimat« — Text & Fotos: Yvonne Most

Heimat ist ein Ort, an dem ich mich nicht erklären muss. Die Worte Verbundenheit und Geborgenheit blühen auf.

Ich kann an die Erinnerungsorte meiner Herkunft zurückkehren. Heimat als Ort, Heimat als Gefühl – aus welcher sich Identität und Abgrenzung bildet.

Ich habe Menschen getroffen, die diesen Ort ihrer Kindheit und Jugend nicht wieder aufsuchen können. Denn Orte verschwinden, Orte werden weggebaggert, Braunkohle wird gefördert.

Meine Auswahl an Portraits der Trachten (2011-2013) zeigen ein Auslaufmodell vom Miteinander der Generationen, in der Niederlausitz, in Brandenburg.

Durch viele Besuche dieser Gegend ist sie zu einer zweiten Heimat geworden. Durch Mitgefühl, durch Interesse an einzelnen Menschen, durch das Unverständnis, warum heute immer noch Menschen ihre Heimat auf diese Weise verlieren. Ich habe mich für die Betrachtung der Sorben entschieden, weil fortwährend ihr Lebensraum bedroht wird.

Den Sorben als kleine ethnische Minderheit war es bis in die 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts gelungen, ihre Eigenständigkeit in Form traditioneller Bräuche und Trachten zu bewahren. Dann kam die Braunkohle, bzw. der Braunkohleabbau. Den Verlust dieser ehemaligen sozialen Gemeinschaft bezeichnet ein sorbisches Sprichwort, das für meine Fotoarbeiten wichtig ist „Gott hat die Lausitz erschaffen, der Teufel die Kohle darunter gelegt.“

Die Serie zeigt das Übertragen von kulturellem Selbstbewusstsein über Generationen hinaus. Ich möchte zeigen wie wichtig es ist, Kulturgut zu bewahren. Die leergebaggerten Löcher in der Landschaft kann man nicht begreifen, bevor man nicht an dessen Rand steht und sich vorstellt, wie viele Menschen und Häuser dort einst standen. Schwarze Löcher, soweit kein Auge reicht. Hinter der Idylle der Trachten steht mehr.