Submission — Johann Päßler

Wegbegleiter

3. Mai 2014 — MYP N° 14 »Meine Wut« — Text: Johann Päßler, Foto: Roberto Brundo

Ein normales Leben? Ja, das hört sich ganz gut an. In meinen Gedanken mahlen sich diese Bilder auch sehr gut von allein. Doch ist das der Weg, den der Mensch einschlagen sollte? Sein Leben so zu strukturieren, wie es jeder andere macht und uns vorlebt?

Ich bin auf dem Dorf aufgewachsen und hier sieht der Lebensplan jedes Einzelnen im Grunde gleich aus. Man geht zur Schule, macht seinen Abschluss, geht studieren oder macht eine Ausbildung – und dann arbeitet man so lange, wie es eben möglich ist, um seine Familie zu versorgen und vielleicht sogar noch ein kleines Haus zu bauen.
Aber was ist mit den Menschen, denen das nie und nimmer ausreicht? Mit denen, die sich selbst verwirklichen müssen, damit sie nicht an sich selbst kaputt gehen?

Ich selbst zähle mich zu ihnen und ich kann mir bis heute noch nicht vorstellen, einen normalen Beruf auszuführen, der mir meine Zeit für meine Interessen stiehlt. Ich möchte Musik machen, produzieren, all‘ meine gesammelten Eindrücke in meinem bisherigen Leben in Hörbares formatieren, um anderen eine Geschichte zu erzählen und sie an ihre eigenen, längst vergangenen zu erinnern.

Wenn mich jemand fragt, wo ich beruflich hin möchte, antworte ich nicht immer gleich. Es kommt ganz darauf an, wer mich fragt. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie viele den Wunsch belächeln, mit Musik Geld zu verdienen. Deshalb gebe ich jedem die Antwort, die für ihn am besten ist.

Das ist meine größte Wut: sich so oft einfach anpassen zu müssen, um ein wenig bequemer zu leben oder zumindest so zu leben, dass es gut erträglich ist, so lange man an seinen Umständen nichts ändern kann.

Diese Wut ist mein ständiger Wegbegleiter, obwohl ich sie mittlerweile so gut unterdrücken kann, dass sie kaum spürbar ist. Dennoch wirkt sie als Initiator für noch mehr Wut, vor allem die auf mich selbst: mich ständig zu fragen, ob ich nicht eventuell noch mehr machen könnte, um meinem Ziel näher zu kommen. Diese Wut hat mich schon des Öfteren in Verzweiflung getrieben. Und dafür hasse ich sie.

Wenn ich eines über Wut gelernt habe, dann ist es, dass Wut noch nie jemandem irgendetwas gebracht hat. Aber wieso gibt es sie dann? Ich glaube, die Wut ist eine Art Prüfung an uns selbst, eine Übung, in der es unsere Aufgabe ist, uns und unsere Gedanken zu kontrollieren.

Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, auf diese Weise ein großes Maß an Beherrschung gewonnen zu haben – zusammen mit emotionaler Beständigkeit. Vielleicht nicht allzu schlecht in unserer Zeit.