Interview — Elisa Schlott

Sommerspiel

Nachwuchstalent Elisa Schlott über das straffe Programm eines Schauspielerlebens zwischen Berlin und London.

14. Juli 2013 — MYP N° 11 »Mein Souvenir« — Interview: Jonas Meyer, Fotos: David Paprocki

Das Schönste, was man von Berlin mitnehmen kann, ist der Sommer. Jahr für Jahr aufs Neue flutet er die Straßen mit einem Meer aus Sonnenstrahlen und gibt allen Wärmehungrigen jenes unbeschwerte Lächeln zurück, das man im ewig dunklen und unerbittlichen Berliner Winter für immer verloren geglaubt hatte.

Der Kalender zeigt den achtzehnten Juni, also wird der Sommer offiziell erst in ein paar Tagen in der Hauptstadt erwartet. Doch er ist jetzt schon da – er konnte einfach nicht länger warten: Zu karg und eisig waren die letzten Monate, zu groß die Sehnsucht der Menschen nach Licht und Leichtigkeit.

Und so sitzen wir gemeinsam mit dem Sommer und der jungen Schauspielerin Elisa Schlott im verwunschenen Garten von Clärchens Ballhaus. Genau 100 Jahre ist es nun her, als Fritz Bühler und seine Frau Clara Habermann das Tanzlokal in der Auguststraße in Berlin-Mitte eröffneten. In guten wie in schlechten Tagen feierte man hier und tanzte, entfloh dem grauen Alltag und genoss sein Leben – damals wie heute, ein ganzes Jahrhundert lang.
Es gibt also einiges, was die alten Mauern zu erzählen hätten. Bis zum Rand sind sie gefüllt mit unzähligen Erinnerungen, die sich Jahr für Jahr wie unsichtbare Baumringe in ihr steinernes Gedächtnis schreiben. Und so lauschen sie auch heute aufmerksam der jungen Schauspielerin, die mit dem Sommer gerade fröhlich um die Wette strahlt.

Elisa Schlott ist eigentlich Berlinerin durch und durch. Im Märkischen Viertel geboren und in Pankow aufgewachsen, hat sie im Oktober 2012 für ein Jahr der deutschen Metropole den Rücken gekehrt und ist nach London gezogen.

Heute ist sie trotzdem in Berlin, denn am Abend stehen einige Nachsynchronisationen in einem Studio in der Chausseestraße an. Die 19-jährige Schauspielerin ist also auf Kurzbesuch in ihrer Heimatstadt. Und weil ein Tag nicht wirklich viel ist, werden in Clärchens Ballhaus prompt Wiener mit Kartoffelsalat geordert – ein Stück Zuhause, das es in London nicht gibt.

Jonas:
Du bist im Herbst letzten Jahres nach London gezogen. Gab es dafür einen bestimmten Grund?

Elisa (grinst):
Naja, nach dem Abi sind plötzlich alle meine Freunde ins Ausland gegangen und haben sich auf der ganzen Welt verteilt. Nach Costa Rica, Südafrika oder Frankreich hat es sie verschlagen. Da habe ich mich gefragt, was ich selbst eigentlich noch hier mache.
Nein, ganz im Ernst: Ich bin nach London gegangen, weil ich dort einige Schauspielkurse absolvieren wollte – es gibt dort einfach so viele Möglichkeiten.

Jonas:
Und diese Möglichkeiten gibt es in Berlin bzw. Deutschland nicht?

Elisa:
Nein, nicht wirklich. In London ist man viel näher dran am internationalen Markt. Außerdem ist es cool, so etwas mal in einer anderen Sprache zu machen – eine wirklich neue Erfahrung!
Ich bin mir auch noch gar nicht so ganz sicher, ob ich in Zukunft die Schauspielerei überhaupt professionell betreiben will. Wenn es so kommen sollte, will ich auf jeden Fall in der Lage sein, international arbeiten zu können. Daher bin ich auch froh, so viel gemacht zu haben in London.

Jonas:
Welches Programm hast du denn in den letzten Monaten absolviert?

Elisa:
Als ich nach London kam, bin ich zu einer Gastfamilie gezogen und habe zwei Monate eine Sprachschule besucht, um ein halbwegs gefestigtes Englisch zu haben. Danach habe ich mich am Actors Center beworben – eine von Schauspielern, Regisseuren und Produzenten gegründete Institution für Ihresgleichen, wo man diverse Kurse belegen und sich weiterbilden kann. Man zahlt eine Jahresgebühr von etwa 50 Pfund und zusätzlich je nach Kurs einen entsprechenden Betrag, der aber extrem niedrig ist.
Nachdem ich am Actors Center angenommen wurde, habe ich im Laufe der Monate verschiedene Kurse belegt. So war ich beispielsweise in einem „Method Acting“-Workshop, der von einem sehr imposanten amerikanischen Schauspieler namens Sam Douglas geleitet wurde. Und ich habe einen Kurs von Scott Williams belegt, in dem ich mir die sogenannte „Meisner-Technik“ aneignen konnte: Dabei geht es darum, beim Spielen seine Aufmerksamkeit nicht auf die eigene Person zu richten, sondern voll und ganz auf sein Gegenüber. So soll erreicht werden, dass man Spielsituationen emotional besser begreifen und erfassen kann, weil man als Schauspieler immer der Gefahr ausgesetzt ist, zu sehr in den eigenen Gedanken gefangen und dadurch in gewisser Weise blockiert zu sein.
Ich habe in den letzten Monaten viel gelernt und bin daher gespannt, ob ich dieses Wissen mal praktizieren kann. Das hängt ja davon ab, ob ich tatsächlich hauptberufliche Schauspielerin werde oder nicht.

Jonas:
Welcher Beruf käme denn neben der Schauspielerei noch für dich in Frage?

Elisa:
Ich habe total Lust, irgendetwas zu studieren. Daher habe ich mich auch für das kommende Wintersemester an der HU und FU für Theaterwissenschaften und Kunstgeschichte beworben. Im September komme ich ja eh zurück aus London. Mal sehen, ob ich angenommen werde.
Vorher freue ich mich aber total auf den Juli, weil ich dann an der Guildhall School einen vierwöchigen Schauspiel-Sommerkurs belegen werde. Ich glaube, dass mir dieser Kurs extrem dabei helfen wird, mich zu entscheiden, welche Richtung ich in meinem Leben einschlagen werde.
Es gibt ja nur zwei Möglichkeiten: Entweder komme ich komplett verzaubert aus dem Kurs heraus und weiß, dass ich Schauspielerei noch intensivieren und studieren will, oder ich merke, dass es nur ein Hobby ist und ich beruflich noch etwas anderes tun muss.

Jonas:
Dabei kannst du bereits jetzt eine gewisse Berufserfahrung vorweisen, schließlich hast du schon in jungen Jahren mit der Schauspielerei begonnen. Erinnerst du dich noch an dein erstes Projekt?

Elisa:
Ja, das war ein Werbespot für „Kellogg’s Frosties“ auf Teneriffa. Da war ich ungefähr zehn oder elf Jahre alt. Ich hatte auch mal ein Musical-Casting, durch das ich aber ziemlich schnell gemerkt habe, dass Singen gar nichts für mich ist – obwohl ich es liebe, selbst Musik zu machen.
Nach dem Musical-Casting war ich ziemlich enttäuscht und habe mich deshalb ohne Wissen meiner Eltern im Internet bei einer Schauspielagentur beworben, die Kindercastings für junge Rollen durchführen. Die Leute von der Agentur haben sich auch tatsächlich gemeldet – und so bin ich dann irgendwie in die Schauspielerei reingerutscht.

Jonas:
Und welcher war der erste Film, in dem du mitgewirkt hast?

Elisa:
Das war „Das Geheimnis von St. Ambrose“, in dem ich mit Ulrich Mühe spielen durfte. Wir haben damals insgesamt sechs Wochen in Schottland gedreht, das habe ich total genossen.

Eigentlich war ich ja immer jemand, der ziemlich schüchtern ist und sich nicht gerne in den Vordergrund drängt.

Jonas:
Wusstest du nach diesem ersten Film bereits, dass du so etwas öfter machen willst?

Elisa:
Eigentlich war ich ja immer jemand, der ziemlich schüchtern ist und sich nicht gerne in den Vordergrund drängt. Aber als damals zum ersten Mal die Kamera auf mich gerichtet war, war diese Schüchternheit komplett vergessen. Ich hatte das Gefühl, plötzlich in einer anderen Welt zu sein.
Richtig klick gemacht hat es aber erst bei dem zweiten Film, in dem ich mitspielen durfte: „Die Frau vom Checkpoint Charlie“ mit Veronica Ferres in der Hauptrolle. Das war eine coole Zeit! Wir haben in Rumänien, Helsinki und Leipzig gedreht, das hat damals alles so viel Spaß gemacht. Durch dieses Projekt hat es mich gepackt und ich wusste, dass ich das unbedingt weitermachen will.

Jonas:
Und das hat alles einfach so neben der Schule funktioniert?

Elisa:
Irgendwie schon. Bei meinen ersten Projekten war ich ja auch noch in der Grundschule, da war das nicht so wild. Außerdem hatte ich dort zum Glück supertolle Lehrer, die mich sehr unterstützt haben.
Als ich aufs Gymnasium kam, wurde es allerdings etwas komplizierter. Die Lehrer hatten eine sehr strenge Haltung und gaben mir klar zu verstehen: „Wenn du fehlst, fehlst du. Dann musst du schauen, wie du dir den Stoff aneignest. Wenn du zurückkommst, erwarten wir, dass du auf dem gleichen Stand bist wie die anderen.“ Das war im ersten Moment hart, aber ich hatte auch diesmal wieder Glück: Meine Klassenkameraden haben für mich mitgeschrieben, mir das Material zukommen lassen und mich total unterstützt. Im Endeffekt habe ich gar nicht so viel verpasst, denn gedreht habe ich meistens während der Ferien.
Dabei war nicht nur meine Mutter sehr darauf bedacht, dass ich nicht zu viele Fehltage habe: Mir selbst war es mindestens genau so wichtig, nicht abgehängt zu werden. Und wenn ich ehrlich bin, bin ich auch gerne zur Schule gegangen.

Jonas:
Als du auf dem Gymnasium warst, hast du auch deinen ersten Kinofilm gedreht.

Elisa:
Genau, das war der Debutfilm „Draußen am See“ von Felix Fuchssteiner. Wir haben damals im Jahr 2009 in meinen Sommerferien gedreht, insgesamt gab es 35 Drehtage. Ich habe ein 14-jähriges Mädchen gespielt, das zusehen musste, wie seine Mutter ein kleines Baby umbringt. Diese Tat hat das Mädchen innerlich total zusammenbrechen lassen.
Der Dreh damals war hart. So habe ich zum ersten Mal gemerkt, dass Schauspielerei wirklich richtige Arbeit ist. Vorher war das für mich ja alles mehr oder weniger nur ein Spaß.
Nach den 35 Drehtagen war ich daher auch ziemlich erschöpft und hatte einige Zeit daran zu knabbern. Aber im Endeffekt hat sich die Arbeit total gelohnt: Als ich den fertigen Film gesehen habe, war ich total glücklich.

Elisa lächelt. Ihr freundliches und offenes Wesen wirkt gerade so unerschütterlich wie die alten Gemäuer des Ballhauses, die seit einem Jahrhundert allen Widrigkeiten trotzen und damit ein klares Bekenntnis zum Optimismus ablegen.

Der Sommer sitzt nach wie vor mit uns am Tisch und verfolgt gespannt, was Elisa zu erzählen hat. Als hätten sie sich vorher abgesprochen, werfen sie sich gegenseitig die Bälle zu: Lächelt sie ihn an, kontert er mit Sonnenstrahlen. Taucht er den Himmel in sein leuchtendes Blau, funkeln ihre Augen in derselben Farbe zurück – wie zwei Schauspieler, die gerade auf der Bühne stehen und auf das Spiel des jeweils anderen reagieren.

Jonas:
Fällt es dir leicht, dich von solchen komplexen und intensiven Rollen wieder zu lösen?

Elisa:
Ich glaube, dass ich das recht gut kann. Trotzdem nehmen einen manche Rollen natürlich mehr mit als andere. Als ich zum Beispiel vor drei Jahren „Fliegende Fische müssen ins Meer zurück“ gedreht habe, hatte ich eine Regisseurin, die mich emotional sehr gefordert hat.
Außerdem war ich damals erst 16 Jahre alt und zum ersten Mal in meinem Leben für sechs Wochen komplett von zuhause weg – ohne Familie und Freunde allein in einem kleinen Dorf in der Schweiz, wo wir gedreht haben. Wenn ich abends endlich in meinem Bett lag, war ich ziemlich fertig. Die intensive Rolle und das Alleinsein waren in gewisser Weise eine doppelte Herausforderung für mich.

Jonas:
Vor kurzem feierte der Kinofilm „Das Wochenende“ Premiere, in dem du die Rolle der Doro spielst. War es für dich eine besondere Erfahrung, neben Größen wie Katja Riemann, Barbara Auer oder Sebastian Koch zu spielen?

Elisa:
Lustigerweise wusste ich in der ersten von insgesamt drei Castingrunden noch gar nicht, dass dieser Film ein so großes Ding wird. Umso größer war dann natürlich die Überraschung, welche großen Namen für den Streifen besetzt sind. Es war toll, mit diesen Schauspielern drehen zu dürfen.

Jonas:
Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von Bernhard Schlink und thematisiert die RAF-Vergangenheit von vier Personen, die nach knapp zwanzig Jahren wieder aufeinandertreffen und ein gemeinsames Wochenende in einem Landhaus verbringen. Wie hast du dich auf dieses politisch wie gesellschaftlich immer noch heikle Thema RAF vorbereitet?

Elisa:
Ich hatte aus der Schule eine gewisse Grundkenntnis. Darüber hinaus habe mich aber natürlich auch ein wenig eingelesen und mir beispielsweise den Film „Der Baader-Meinhof-Komplex“ angeschaut.
Allerdings ist „Das Wochenende“ in erster Linie kein politischer Film, sondern stellt die zwischenmenschlichen Beziehungen und Problematiken der Akteure in den Vordergrund. Das unterscheidet das Drehbuch auch im Wesentlichen vom Roman, wo die politische Komponente viel stärker im Fokus steht. So ging es der Regisseurin und Autorin Nina Grosse im Wesentlichen um die Charaktere an sich: Sie wollte zeigen, was sich in deren Köpfen im Laufe der Zeit verändert hat – und was nicht.
So haben wir uns im Rahmen der Vorbereitung auch alle in dem Haus getroffen, in dem wir später gedreht haben, und dort tatsächlich vorab ein gemeinsames Wochenende verbracht. Wir haben in den zwei Tagen viel gelesen, wichtige Szenen durchgenommen und auch schon mit den Proben begonnen. Das war enorm hilfreich, weil wir uns dadurch alle kennenlernen konnten, bevor der Dreh überhaupt losging.

Jonas:
Man hat das Gefühl, in den 98 Filmminuten alle zwischenmenschlichen Konflikte zu erleben, die man so aus dem wahren Leben kennt. Macht das die Vorbereitung auf die Rolle in solch einem Film einfacher? Man muss ja eigentlich nur wahres Leben spielen…

Elisa:
Ja, vielleicht. Für mich war es aber eher wichtig, sich den Kopf nicht so sehr über die Materie an sich zu zerbrechen, sondern einfach zu spielen und zu sehen, wie es sich entwickelt.
In dem Zusammenhang war es gut, vorher schon mit allen Darstellern zusammengesessen zu haben. So konnten wir darüber reden, welche Intention eine Szene hat, wo sie uns hinführt, wo wir vor der Szene waren und wo wir als Figur hinwollen. Dadurch hat sich dann in der Szene selbst einfach sehr viel ergeben, das Spiel wirkte wahrhaftig und sehr authentisch.

Ich finde es immer komisch, wenn Schauspieler erzählen, wie viel sie sich bei anderen abgeschaut haben.

Jonas:
Hast du von deinen Kollegen schauspielerisch etwas mitgenommen?

Elisa:
Ich finde es immer komisch, wenn Schauspieler erzählen, wie viel sie sich bei anderen abgeschaut haben und dadurch jetzt wissen, wie die das so machen. Ich finde, jeder sollte seine ganz eigene Art und Weise entwickeln, wie er spielt und an seine Rolle herantritt.
Insgesamt war es aber natürlich toll, mit diesen außergewöhnlichen Schauspielern in „Das Wochenende“ zusammenzuarbeiten, weil alle so glaubwürdige Darsteller waren.

Wir unterbrechen unsere Unterhaltung für einige Minuten und machen uns langsam auf den Weg in Richtung Naturkundemuseum, wo wir Elisa fotografieren wollen.

Von den alten Mauern des Ballhauses verabschieden wir uns mit dem Versprechen, recht bald wiederzukommen, um ihre unsichtbaren Baumringe der Erinnerung wieder ein kleines Stückchen wachsen zu lassen.

Gemütlich schlendern wir die Auguststraße entlang, stets begleitet vom Berliner Sommer, der uns nicht aus den Augen lässt. Schließlich biegen wir in die Oranienburger Straße ein, kaufen Eis und bleiben für eine Weile stehen. Der kühle Nachtisch will schnell verzehrt werden, schließlich schaut uns der Sommer gerade direkt über die Schulter und bringt das Eis zum Schmelzen.

Jonas:
Im September kommst du zurück nach Berlin. Wie war es, fast ein Jahr von seiner Heimatstadt getrennt zu sein?

Elisa:
Komisch. London ist ja vollkommen anders als Berlin und doppelt so vollgepackt mit Menschen. Die Stadt ist irgendwie viel geschäftiger, alle Leute sind total konsumorientiert und shoppen rund um die Uhr. Zudem ist London viel internationaler – wenn man will, kann man innerhalb der Stadt in seinem eigenen Land wohnen.
Das war zwar am Anfang alles recht spannend, aber mittlerweile bin ich richtig müde von dem Leben dort. Nichts ist von Dauer in London, man erlebt ein ständiges Kommen und Gehen. Ich war so froh, als ich mir einen gewissen Freundeskreis aufgebaut habe, der aber leider nicht lange hielt: Nach drei Monaten waren alle Leute wieder weg.
Die Zeit in London habe ich schon sehr genossen, aber ich freue mich auch, wenn ich wieder zurück nach Berlin komme – und viele schöne Erinnerungen im Gepäck habe.

Ich bin ein Mensch, der einfach von vielen Freunden umgeben sein muss. Ansonsten werde ich sehr schnell einsam.

Jonas:
Was an Berlin hast du denn in London am meisten vermisst?

Elisa:
Meine Familie und meine Freunde. Ich bin ein Mensch, der einfach von vielen Freunden umgeben sein muss. Ansonsten werde ich sehr schnell einsam.

Jonas:
Du findest also dein Zuhause eher in bestimmten Personen als an bestimmten Orten?

Elisa (schweigt für einen Moment):
Ja, das könnte man so sagen.

Jonas:
Dann kannst du ja überall auf der Welt zuhause sein…

Elisa (lacht):
Ja, aber nur, wenn dort alle meine Lieben bei mir wären. Aber eigentlich fühle ich mich in Berlin am ehesten zuhause. Die Stadt hat einfach einen gewissen Flair, den ich sehr mag: Auf der einen Seite ist Berlin eine Metropole, auf der anderen Seite gibt es Viertel, die wie kleine Dörfer wirken. Ich liebe es daher total, in meinem Kiez in Pankow unterwegs zu sein. Ich treffe da einfach so viele Menschen, die ich mag. Und dieses Miteinander dort ist viel schöner als die Anonymität Londons.

Jonas:
Dein persönliches Berliner Souvenir sind also deine Erinnerungen an den Pankow-Kiez…

Elisa:
Ganz genau, das ist mein Andenken.

Dicht gefolgt vom Sommer spazieren wir über die Chausseestraße und biegen in die Invalidenstraße ein. Nach wenigen Metern erhebt sich vor unseren Augen ein imposanter Komplex aus historischen Gebäuden. Wo im 19. Jahrhundert noch die Königliche Eisengießerei zu Berlin angesiedelt war und massive Schätze für die Ewigkeit gefertigt wurden, stellen heute Naturkundemuseum und Institut für Biologie der Öffentlichkeit ihr kostbares Wissen zur Verfügung.

Gerade unterziehen sich die ehrwürdigen Gemäuer einer kleinen Schönheitskur: Ihre Fassade wird behutsam renoviert, denn sie soll gewappnet sein für das, was sich Zukunft nennt – und die Erinnerung lebendig halten an eine andere Zeit.

Elisa Schlott und der Berliner Sommer betreten die Bühne – und erneut beginnt das Spiel der beiden gut gelaunten Protagonisten: Auf Elisas Lächeln und funkelnde Augen reagiert der Sommer mit einem Meer aus Sonnenstrahlen und absoluter Wolkenlosigkeit.

Was würde man nur darum geben, einige der Sonnenstrahlen einzufangen und in den unerbittlichen Winter zu tragen, der in wenigen Monaten das frische Blau zu tristem Grau verwandeln wird. Wie ein kleines Souvenir müsste man die Strahlen einfach in die Tasche stecken können. So hätte man immer ein Andenken an die wundervolle Juniwärme bei sich, wenn es draußen wieder nass ist und kalt.

Elisa hält für einen Moment inne, schließt die Augen und lächelt. Sanft breitet sich die Nachmittagssonne auf ihrem Gesicht aus.

Das Schönste, was man von Berlin mitnehmen kann, ist der Sommer.

Man muss ihn nur im Herzen tragen.

Dann bleibt er auch im Winter.