Submission — Martin Valentin Fuchs

Das Ritual der künstlerischen Freiheit

21. März 2015 — MYP No. 17 »Mein Ritual« — Text & Foto: Martin Valentin Fuchs

Kunst. Ein umstrittener Begriff.

Ich persönlich würde mich nicht unbedingt als Künstler bezeichnen. Und die Frage nach der Definition des Terminus Kunst wird aufgrund der Subjektivität und Variabilität seiner Interpretation wohl nie eine einheitliche Antwort finden.

Dennoch gibt einem Kunst Freiheit. Die Freiheit, Dinge zu tun. Dinge, die nicht der Norm entsprechen und Dinge, die für Außenstehende eigenwillig, befremdlich oder absurd wirken mögen.

Aber man ist Künstler. Man darf.

Diese Sonderstellung, dieses Privileg, das einem von der Gesellschaft als „Kunstschaffendem“ eingeräumt wird gilt es zu entdecken, zu erfahren und zu leben.

Das gesellschaftliche Reglement begleitet und prägt einen von Kindheit an. Man fügt sich, gliedert sich ein und schwimmt mit dem Strom.

Doch das Leben ist mehr. Es bietet Dir die Möglichkeit der Individualität und des Ich-seins. Es birgt Freiheiten. Freiheiten, die es zu nutzen gilt.
Eine Badewanne mit Säcken voller Blumen zu füllen, um danach einen Jüngling im Grün zu ertränken erscheint beinahe noch harmlos. Eine tote Fliege so lange auf seinen Lippen zu balancieren, bis man sie unwillentlich einatmet und kurz vor dem Erstickungstot ist, wirkt schon bedenklicher. Im äußersten Falle könnte man dem Notdienst allerdings noch erwidern: „Alles für die Kunst.“

Und so tut man diese Dinge. Und man tut sie unter dem Deckmantel des Begriffs Kunst. Und durch diese regelmäßigen Exzesse, die zu meinem Alltag gehören, wie für andere das tägliche Gebet, eignet man sich obendrauf Qualitäten an, die sonst kaum jemand besitzt. Aus Speichel eine Blase zu formen stellt allenfalls kein Problem mehr für mich da, auch wenn es mir mein durchnässtes Bettlaken nur schwer verzeihen konnte.

Und so arbeite ich vor mich hin, eigne mir abstruse Fähigkeiten an und produziere „Kunst“. Im besten Fall in der Hoffnung, dass die gesellschaftlichen Normen zunehmend diffuser werden, damit das „künstlerische Ritual“ nicht länger als Vorwand für Individualität und Experimentierfreudigkeit herhalten muss.