Interview — Giant Rooks

Fünf Freunde

Die Giant Rooks klingen, als würden sie seit Jahrzehnten gemeinsam Musik machen und Songs für die Bühnen dieser Welt schreiben. Dabei kommen sie aus Hamm, haben gerade erst ihr Abi gemacht und weigern sich, in ihrer Muttersprache zu singen. Kann nicht funktionieren? Funktioniert sehr wohl. Und überraschend gut.

22. Januar 2018 — MYP N° 22 »Widerstand« — Interview: Jonas Meyer, Fotos: Steven Lüdtke

Man stelle sich folgende Situation vor: Es ist Wochenende und zum ersten Mal ist man bei guten Freunden zum Essen eingeladen. Man mag und schätzt sich zwar schon eine ganze Weile, aber bekocht wurde man noch nie. Da die guten Freunde eher aus einem jüngeren Semester stammen und zu fünft eine WG bestreiten, geht man davon aus, dass der Abend wohl nicht von einer über Jahrzehnte gewachsenen Küchenexpertise geprägt sein wird, sondern eher vom unterhaltsamen, jugendlichen Miteinander. Wie gesagt, man mag sich ja, und kulinarisch, so vermutet man, wird’s wohl irgendetwas zwischen kann man essen und solide. Und wenn nicht: Eine Pizza ist schnell bestellt und auf dem Balkon steht bestimmt noch eine Kiste Bier kalt.

Die Tür geht auf, man betritt die Wohnung – und erlebt gleich die erste Überraschung: Eine festlich gedeckte Tafel baut sich in der Mitte des Wohnzimmers auf, und ehe man sich versieht, hält man ein Glas Prickelndes in der Hand. Kaum hat der Apéritif den Gaumen gekühlt und das Herz aufgewärmt, hat man auch schon seinen Platz an der Tafel eingenommen.

Der erste Gang wird serviert, natürlich von rechts. Es folgt ein zweiter. Ein dritter. Ein vierter. Dazu jeweils der passende Wein. Mit jedem neuen Gang gibt es auch eine neue Überraschung: So liebevoll sind die Teller angerichtet, so akribisch sind die Zutaten ausgewählt, so raffiniert sind die Gerichte abgeschmeckt. Und überhaupt: So detailversessen ist der ganze Abend arrangiert. Als hätten die fünf Freunde ihr junges Leben lang nichts anderes getan, als gemeinsam für andere zu kochen.

Einen solchen Abend zu erleben, und sei es auch nur in Gedanken, ist das Gleiche, wie zum ersten Mal mit der Musik der Giant Rooks in Berührung zu kommen. Die fünf Jungs aus Hamm haben gerade erst ihr Abi gemacht und sind in einem Alter, in dem andere erst anfangen, sich mit Musik zu beschäftigen. Wer lediglich den Sound der Jungs kennt und noch keinen Blick in ihre jungen Gesichter werfen konnte, hat das Gefühl, es hier mit einer Band zu tun zu haben, die schon seit Ewigkeiten zusammen spielt und große, liebevoll gemachte Songs für die Bühnen dieser Welt im Gitarrenkoffer hat. Dabei singen sie ausschließlich auf Englisch und stemmen sich damit bewusst gegen den aktuellen Trend junger deutschsprachiger Musik.

Wir treffen Frederik Rabe, Finn Schwieters, Finn Thomas, Jonathan Wischniowski und Luca Göttner in Berlin-Neukölln, wenige Stunden vor ihrem Auftritt im Tempodrom als Support für die „Mighty Oaks“.

Jonas:
Seit etwa vier Jahren macht ihr gemeinsam Musik. Wie genau habt ihr zueinander gefunden?

Finn S.:
Frederik und ich sind Cousins, wir haben schon mit acht, neun Jahren angefangen, zusammen Musik zu machen und eigene Songs zu schreiben. Vom Stil her ging das am Anfang eher in Richtung Punk Rock – mit Texten wie „Beat the heat and stop the global warming!“ Nach einer gewissen Zeit haben wir uns musikalisch aus den Augen verloren und Fred hat für eine Weile in einer Blues Band gespielt.
Anfang 2014 haben wir beide beschlossen, uns einfach mal wieder im Probenraum zu treffen und zusammen ein bisschen Musik zu machen. Kurze Zeit später sind dann noch ein Schlagzeuger und ein Bassist zu uns gestoßen, das hat aber nicht so richtig gepasst. Auf der Suche nach einem neuen Bassisten haben wir – über einen Kumpel aus der Schul-Big Band – Johnny kennengelernt, das muss Mitte 2014 gewesen sein. Johnny wiederum kannte Finn Thomas, der Ende 2014 unser neuer Schlagzeuger wurde. Und Anfang 2015 kam Luca dazu, den wir wiederum über eine gemeinsame Freundin kennengelernt hatten. So hat es letztendlich ein ganzes Jahr gedauert, bis die Band komplett war.

»Wenn man wie wir aus einer Stadt wie Hamm kommt, ist es leider sehr schwierig, die richtigen Leute zu finden, um ernsthaft Musik zu machen.«

Fred:
Immer wenn wir einen der Jungs kennengelernt haben, haben wir ihn gefragt, ob er Bock hätte, einfach mal bei uns rumzukommen und ein wenig rumzujammen. Irgendwie hat es bei allen drei von Anfang an gepasst. Als wir dann zum ersten Mal zu fünft im Probenraum standen und zusammen gespielt haben, hatten wir das Gefühl, dass das mit uns als Band wirklich funktionieren kann – das, was wir da gehört haben, klang einfach richtig gut.
Bei den ersten beiden Jungs, die ganz am Anfang zu uns gestoßen waren, hieß es während der Proben oft: „Lasst mal lieber gleich nach oben gehen und Bier trinken.“ Finn und ich hatten da aber eine etwas andere Vorstellung, wir wollten ernsthaft Musik machen. Leider ist es sehr schwierig, dafür die richtigen Leute zu finden, zumindest wenn man wie wir aus einer Stadt wie Hamm kommt – und nicht aus Berlin. Daher sind wir alle auch sehr glücklich, dass wir uns in dieser Konstellation als Band gefunden haben.

Jonas:
Nun ist es das Eine, sich als Band zu finden. Etwas anderes ist es, auch einen gemeinsamen musikalischen Stil zu entwickeln – so ein Giant Rooks-Sound fällt ja nicht einfach vom Himmel. Wie habt ihr euch darauf verständigt?

Fred:
Das kann ich gar nicht so genau sagen. Es fühlt sich tatsächlich so an, als wäre dieser Sound mehr oder weniger vom Himmel gefallen. Unsere Band kann man als eine sehr spezielle Kombination aus unterschiedlichen Leuten bezeichnen, die alle jeweils einen etwas anderen Musikgeschmack und musikalischen Background haben. Finn Thomas zum Beispiel hat vorher in einer Schul-Big Band gespielt und bringt dadurch einen anderen Schlagzeug-Stil mit. Und Luca setzt sich sehr stark mit elektronischer Musik auseinander. Darüber hinaus gibt es bei uns aber auch große Überschneidungen – es gibt wirklich viel Musik, die wir alle gut finden. So kam irgendwie alles zusammen und hat sich zu einem gemeinsamen Sound entwickelt.

Jonas:
In den Kompositionen und Arrangements eurer Songs steckt sehr viel Liebe zum Detail. Wie viel Zeit investiert ihr in eure Musik?

Finn T.:
Grundsätzlich kann man sagen, dass wir sehr viel Zeit im Probenraum verbringen – wir proben eigentlich täglich. Dabei kann es durchaus passieren, dass wir einen Song über einen ziemlich langen Zeitraum entwickeln. An „Bright Lies“ zum Beispiel haben wir zwei Jahre lang gearbeitet.

Fred:
Stimmt. Wenn man als Außenstehender die ursprüngliche Fassung von „Bright Lies“ hören würde, würde man den Song nicht wiedererkennen. Wir haben an diesem Song unzählige Stunden gesessen und ihm sehr viel Zeit gelassen. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum du – wie du sagst – so viele Details identifizieren kannst.

Jonas:
Wenn man sich bei YouTube durch die Videos eurer Auftritte und Konzerte klickt, hat man das Gefühl, dass es ohnehin nicht die eine finale Fassung eines Songs gibt – so unterschiedlich sind stellenweise die jeweiligen Interpretationen eines Stücks.

Fred:
Was unsere älteren Songs – sprich die Songs unserer ersten EP „The Times Are Bursting The Lines“ – angeht, spielen wir diese live zum Teil tatsächlich ganz anders und verändern sie stark. Bei den Songs unserer „New Estate“-EP haben wir dagegen schon den Anspruch, die Lieder immer so zu spielen, wie wir sie auch aufgenommen haben. Allerdings erwische ich mich selbst immer wieder dabei, wie ich meine eigenen Gesangslinien variiere. Es gab schon Situationen, da haben uns nach solch einem Auftritt sogar einige Fans angesprochen, weil sie einen Song nicht eins zu eins mitsingen konnten.

Jonas:
Gibt es in eurer Band eine feste Rollenverteilung, was das Komponieren und Texten angeht?

Finn S.:
Meistens bringt Fred eine grundsätzliche Idee mit in den Probenraum, die er sich zuhause am Piano oder an der Gitarre ausgedacht hat. Auf Basis dieser Idee fangen wir dann an, ein wenig herumzujammen, bis wir das Gefühl haben, dass da etwas wirklich Neues heranwächst. Im Anschluss entwickeln wir nach und nach alle Arrangements und Sounds, entweder im Probenraum oder bei unseren Live-Auftritten. Dabei fragen wir uns immer wieder, welche Elemente der Song noch braucht und welche man wieder herauswerfen kann. Beispielsweise ist es oft so, dass wir nach einer gewissen Zeit feststellen, dass es mehr Sinn macht, wenn ein bestimmtes Instrument nicht mehr in der Strophe auftaucht – weil es vielleicht einen viel größeren Effekt hat, wenn es erst wieder in der Bridge zu hören ist.

»Man neigt am Anfang immer dazu, einen Song zu überladen. In den meisten Fällen ist es aber besser, das Ganze zu reduzieren.«

Fred:
Man neigt am Anfang immer dazu, einen Song zu überladen. In den meisten Fällen ist es aber besser, das Ganze zu reduzieren. Wie sagt man so schön: Weniger ist mehr.

Finn S:
Beim ersten gemeinsamen Jammen spielen eben alle gleichzeitig und bringen die unterschiedlichsten Elemente mit in den Song ein. Das ist zwar cool, aber häufig merkt man im Laufe der folgenden Wochen und Monate, dass man ein bestimmtes Element, das der eine spielt, herausnehmen muss, weil das Element eines anderen für die entsprechende Stelle im Song bereits vollkommen genügt. Wir versuchen aber immer, uns da gegenseitig auszugleichen.

Jonas:
Und wie entstehen eure Texte?

Finn S.:
Die schreiben Fred und ich gemeinsam – im Anschluss an die Komposition.

Jonas:
Das hört sich nach einer festen und geordneten Struktur an. Gibt es in eurer Band so etwas wie Demokratie? Oder macht Fred als Frontmann grundsätzlich die Ansage?

Fred:
Ne, ich mache keine Ansage. Ich gebe eher Anreize. Es ist ja meistens nicht mehr als eine Idee, mit der ich in den Probenraum komme. Und diese Idee entwickeln wir gemeinsam zu einem Song. Es ist ja nicht so, als hätte ich vorher schon alles durchdacht.
Ganz davon abgesehen glaube ich aber nicht, dass Demokratie beim Songwriting unbedingt das Richtige ist. Ganz im Gegenteil: Wenn jemand wirklich von seiner eigenen Idee überzeugt ist, dann sollte er auch voll und ganz dahinter stehen und sein Ding durchziehen, und zwar so, dass es für alle am Ende gut funktioniert – ganz egal, ob ich derjenige bin oder jemand anderes aus der Band.

Jonas:
Was ich persönlich an eurer Musik sehr schätze, ist die Tatsache, dass man immer wieder überraschende Momente erlebt, stimmlich wie instrumental. Plant ihr solche Stellen innerhalb eines Songs bewusst? Oder entstehen diese überraschenden Momente ganz automatisch – sozusagen als Nebenprodukt des Songwriting?

Fred:
Das, was du da beschreibst, ist definitiv ein Nebenprodukt. Für unsere Songs haben wir viele komplexe Ideen – und manchmal führen wir sogar zwei eher unterschiedliche Songs zu einem zusammen. Daraus entsteht dann vielleicht etwas, was man vorher nicht erwartet hätte.

Jonas:
Was man bei einer jungen deutschen Band heutzutage auch nicht unbedingt erwartet hätte: dass sie sich bewusst für die englische Sprache entscheidet – auch gegen einen aktuellen Trend in Deutschland…

»Für uns stand es gar nicht zur Debatte, auf Deutsch zu singen. Im Englischen gefällt uns die Sprachästhetik einfach viel besser.«

Fred:
… Ne, wir haben uns überhaupt nicht entschieden. Für uns stand das gar nicht zur Debatte! Wir alle haben nie wirklich deutsche Musik gehört und ich persönlich habe zu deutscher Musik auch nie einen Draht gehabt. Im Englischen gefällt mir die Sprachästhetik einfach viel besser. Und ich glaube, da spreche ich auf für uns alle. Das soll aber nicht heißen, dass es keine gute deutschsprachige Musik gibt.

Jonas:
Fällt es einem in seiner Muttersprache nicht leichter, genau das zu beschreiben, was man denkt und fühlt? Immerhin greift man dort auf einen wesentlich größeren, quasi angeborenen Wortschatz zurück.

Finn S.:
Am Anfang war es tatsächlich schwierig, auf Englisch zu texten. Wenn ich vor einem Songtext saß, dachte ich oft: Mist, wie komme ich jetzt weiter? Das klappt mittlerweile aber viel besser und flüssiger. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass wir so viel englischsprachige Musik hören und dadurch viel öfter mit der englischen Sprachästhetik in Kontakt kommen als mit der deutschen. Ich glaube sogar, dass es für uns heute viel schwieriger wäre, einen deutschen Text zu schreiben.

Jonas:
In eurer Spotify-Playlist On the road with Giant Rooks gibt es aber schon den einen oder anderen deutschsprachigen Titel.

Fred:
Stimmt, da haben wir tatsächlich auch ein paar deutsche Songs drin, zum Beispiel von Faber, Element of Crime oder Bilderbuch. Aber das war’s dann auch schon.

Jonas:
Apropos unterwegs: Ihr seid in den letzten Jahren relativ viel herumgekommen. Wie hat euch dieses ständige Touren geprägt? Stellt ihr an euch irgendwelche Veränderungen fest?

Luca:
Entwicklungen und Veränderungen sind ein ganz normaler Prozess. Durch das Herumreisen nimmt man viel mit, ich kann aber nicht sagen, was genau. Auf jeden Fall keine Routine.

»Ich finde es ohnehin super, wenn es Bands gibt, bei denen man beispielsweise das erste Album total mochte und man sich an das zweite erst gewöhnen muss, weil es komplett anders klingt.«

Fred:
Wir haben interessanterweise gestern noch über dieses Thema gesprochen. Ich habe Finn gefragt, ob ich mich in den letzten Jahren verändert habe. Er konnte mir nicht wirklich eine Antwort geben, da wir uns in den letzten Monaten fast jeden Tag gesehen haben und es daher sehr schwierig ist, irgendwelche Veränderungen an seinem Gegenüber festzustellen. Ich selbst könnte ihm die gleiche Frage auch nicht beantworten.
Was das Musikalische angeht, haben wir uns schon ein wenig verändert. Das finde ich aber auch cool. Ich finde es ohnehin super, wenn es Bands gibt, bei denen man beispielsweise das erste Album total mochte und man sich an das zweite erst gewöhnen muss, weil es komplett anders klingt. Wenn sich eine Band so stark weiterentwickelt, ist das einfach interessant. Und noch interessanter ist es, wenn sie sich nicht nur weiterentwickelt, sondern immer wieder neu erfindet – wie etwa Bob Dylan. Ich glaube, das ist der Grund, warum er es geschafft hat, über Jahrzehnte so erfolgreich zu sein.

Jonas:
Ich kann mir vorstellen, dass man relativ wenig Privatsphäre genießt, wenn man ständig im Fünferpack unterwegs ist. Gelingt es euch trotzdem, auf euren Reisen private, individuelle Räume für jeden Einzelnen zu schaffen?

Fred:
Lustig, auch darüber haben wir uns vor kurzem unterhalten. Ich selbst habe gar kein so großes Problem damit, immer aufeinander zu hocken. Den privaten Raum, den ich für mich brauche, habe ich, wenn ich wieder zuhause bin.

Luca:
Ich könnte es etwas pathetisch ausdrücken: Wir sind einfach gute Freunde.

Johnny:
Es gibt immer die Möglichkeit, sich ein paar Freiräume zu schaffen, beispielsweise an unseren Off-Days. Oder wenn wir ein paar Stunden im Auto sitzen: Da macht einfach jeder etwas für sich. Aber Luca hat es ja gerade schon gesagt: Wir verbringen unsere Zeit auch gerne miteinander.

Finn S.:
Es ist ja auch so, dass es in unserem Leben keine klare Grenze zwischen Beruf und Privatleben gibt. Wir sind einfach 24 Stunden lang die Band und mit unseren Gedanken permanent bei der Musik. Das kann auch mal zum Problem werden. Wenn wir jeden Tag zur Uni oder ins Büro fahren würden, wäre das wahrscheinlich anders – da hat man irgendwann Feierabend.

Fred:
Dieses Loslassen fehlt mir auch ein bisschen. Wir alle haben in den letzten zwei Jahren keinen Urlaub gemacht.

Jonas:
Immerhin wart ihr gerade in Norwegen – als Support für die „Mighty Oaks“.

Fred:
Stimmt, das war zwar kein Urlaub, aber trotzdem wunderschön.

Jonas:
Ihr habt euch bewusst dafür entschieden, dieses Leben zu führen. Sich für etwas zu entscheiden heißt auch immer, sich gegen etwas anderes zu entscheiden – beispielsweise gegen ein Leben, das vielleicht etwas konventioneller wäre, aber dafür mehr Zeit für Familie, Freunde oder Beziehung bieten würde. Gibt es etwas, was ihr in eurem Leben vermisst?

Luca:
Es gab bei uns von Anfang an den einen festen Vorsatz: Wenn wir gemeinsam Musik machen wollen, dann wollen wir es auch richtig machen. Und dafür haben wir uns entschieden.

»Manchmal vermisse ich eine ganz normale Routine in meinem Alltag. So ungern ich zur Schule gegangen bin, war es trotzdem irgendwie ganz geil, jeden Morgen aufzustehen, zu frühstücken und dann loszugehen.«

Fred:
Manchmal vermisse ich eine ganz normale Routine in meinem Alltag. So ungern ich zur Schule gegangen bin, war es trotzdem irgendwie ganz geil, jeden Morgen aufzustehen, zu frühstücken und dann loszugehen. Diese Routine habe ich überhaupt nicht mehr. Man ist jetzt sein eigener Chef und muss sich seine Aufgaben immer wieder selbst geben – und dann auch angehen. Manchmal fällt mir das etwas schwer. Mir sagen viele Freunde, die beispielsweise gerade irgendwo in der Ausbildung sind: „Du hast es so gut, du hast so viel Abwechslung. Ich selbst mache immer nur das Gleiche.“ Aber ab und zu denke ich mir: So eine kleine Alltagsroutine würde auch mir gut tun. Ich glaube, es ist auch etwas einfacher für den Geist und das Wohlbefinden, wenn man permanent eine Aufgabe hat und weiß, was man tut.

Jonas:
Von außen betrachtet sieht man bei erfolgreichen Bands eh nur die Sonnenseiten des Lebens. Dabei gibt es überall auch Schatten. Mit welchen Problemen hattet ihr in den letzten vier Jahren zu kämpfen? Auf welche Widerstände seid ihr gestoßen?

Fred:
Richtig problematisch war es bis jetzt nie. Und so ein wirkliches Gehate haben wir Gott sei Dank auch noch nicht abbekommen. Klar, da draußen gibt es bestimmt auch Leute, die unsere Band so richtig kacke finden. Aber das beschäftigt uns nicht.

Finn S.:
Dafür beschäftigt wir uns umso öfter mit uns selbst und hinterfragen permanent, was wir da tun. Ich finde, das gehört auch irgendwie dazu, wenn man Musik macht. Jeder von uns hat immer mal wieder Phasen, in denen er sich fragt, ob das, was wir zusammen da gerade machen, auch wirklich gut ist und funktioniert. Und ob das alles einen selbst auch wirklich glücklich macht. Aber eigentlich gab es bei uns allen nie einen wirklichen Zweifel daran, dass diese Band das Richtige für uns ist – zumindest gab es diesen Zweifel nicht bei mir. Ich glaube aber, den anderen geht es ähnlich.

(Fred, Luca, Finn und Johnny stimmen zu)

Ich mache das alles unglaublich gerne und bin superdankbar, dass wir Fünf gemeinsam Musik machen dürfen. Und dass wir heute hier bei einem Interview sitzen und später im Tempodrom vor den „Mighty Oaks“ spielen dürfen. Das ist einfach ein unglaublich krasser Traum, der gerade in Erfüllung geht. Wenn man uns vor zwei Jahren gesagt hätte, dass wir mal in Berlin im Tempodrom spielen würden, hätte ich bis jetzt nicht mehr schlafen können. Klingt cheesy, ist aber so. Es ist wichtig, dass man das alles zu schätzen weiß und damit zufrieden ist, was man schon erreicht hat. Alleine das macht doch schon glücklich!

Jonas:
Jetzt hast du mir meine nächste Frage vorweggenommen: Wie geht ihr persönlich mit Zweifeln um? Man zweifelt in erster Linie ja nicht kollektiv, sondern individuell.

Fred:
Wir reden darüber – und zwar relativ offen. Es gibt ja immer wieder Situationen, in denen irgendetwas nicht gut läuft oder einer von uns irgendwie unzufrieden ist. Ich selbst habe zum Beispiel relativ viele Ups und Downs: Gestern war ich mit einer Idee noch total happy, heute morgen habe ich sie schon wieder verworfen. Das ist manchmal echt absurd.

»Es ist immer schwer, auch mit dem im Reinen zu sein, was man selbst tut.«

Jonas:
Ab Januar 2018 werdet ihr auf eurer eigenen Tour unterwegs sein. Auch wenn ihr nicht weit in die Zukunft schauen wollt: Gibt es trotzdem irgendetwas, was ihr euch wünscht?

Fred:
Ich wünsche mir, dass wir richtig gute neue Songs schreiben, mit denen wir alle auch zufrieden sind – es ist ja immer schwer, auch mit dem im Reinen zu sein, was man selbst tut. Was unsere Auftritte angeht, wäre es ein Traum, noch mehr internationale Konzerte zu spielen und bei den Festivals auftreten zu dürfen, bei denen auch unsere eigenen Lieblingsbands am Start sind.

Jonas:
Wenn ihr mich alle so anschaut, stimmt ihr dem wahrscheinlich zu.

Luca:
Kann man so unterschreiben.

Jonas:
Ist Giant Rooks am Ende eine Band Story oder eine Friends Story?

Fred:
Ha! Ich würde schon sagen, eine Band Story. Giant Rooks ist ja ursprünglich nicht durch eine Gruppe von guten Freunden entstanden, die gesagt haben: „Wir machen jetzt einfach mal Mucke. Der eine kann das spielen und der andere das.“ Bevor es die Band gab, haben wir uns – bis auf Finn und mich – überhaupt nicht gekannt.

Finn S.:
Wir alle sind aber durch diese Band gute Freunde geworden.

Fred:
Hmm. Vielleicht ist es am Ende ja doch eine Freunde-Story, wer weiß?