Interview — David Peroz

Stiller Held

Vor einigen Wochen haben wir David Peroz kennengelernt – durch puren Zufall. Jetzt streift er mit uns durch den Norden Berlins, um uns an seine ganz persönlichen Orte der Stille zu führen. Ein Gespräch über Waghalsigkeit, Demut und den großen Nachteil von materiellem Besitz.

27. Oktober 2013 — MYP No. 12 »Meine Stille« — Interview: Jonas Meyer, Fotos: Osman Balkan

Es gibt Menschen, die behaupten, es gebe keine Zufälle im Leben. Alles sei vorherbestimmt und alles habe seinen Grund. Geschehen würde es, weil es so geschehen solle. Und das sei gut.

Es braucht ein wenig Mut, um sich einzulassen auf ein Spiel, das Zufall als reine Illusion versteht und dem Leben so etwas wie Bedeutung schenkt – wie etwa damals, an jenem Abend des 21. Juni 2013, als man im Nordosten Kreuzbergs die „Fête de la musique“ beging.

In einem kleinen Atelier am Schlesischen Tor tummelten sich wie überall die Menschen, um Station zu machen auf ihrer langen Reise durch die Nacht. Sie tanzten, rauchten, redeten und tranken. Und verließen die einen irgendwann den kleinen Raum, füllten neue Gesichter prompt die freien Plätze.

In der Mitte jenes Raumes stand zwischen all den Leuten fast regungslos ein junger Mann – tief in sich ruhend und völlig unbeeindruckt vom lauten bunten Chaos. Die Zeit raste, immer mehr Menschen kamen und gingen.
Der junge Mann stand weiter regungslos, atmete tief ein und schloss langsam seine dunklen Augen. Er lächelte – und für den Bruchteil einer Sekunde war etwas greifbar, das an ein wenig an Glückseligkeit erinnerte und gehalten war von purer Zuversicht.

Einige Wochen später.

Wir sind in den Norden Berlins gefahren, genauer gesagt in den beschaulichen Ort Waidmannslust. Wir sind mit David Peroz verabredet – jenem jungen Mann, der in dem kleinen Raum die Zeit angehalten hatte mit seinem Lächeln. Einfach so.

Es ist früher Nachmittag. Kaum haben wir uns begrüßt, schlägt David vor, uns bei einer kleinen Autofahrt die Gegend in und um das schöne Waidmannslust zu zeigen. Der junge Mann hat die meiste Zeit seiner Kindheit und Jugend hier verbracht und kennt sich demnach bestens aus. Nach einer etwa zwanzigminütigen Rundreise erreichen wir einen kleinen Parkplatz am Rande eines großen, dichten Waldes.

Dieses unberührte Stück Natur wirkt wie ein Schutzwall gegen das chronische Zuviel der Hauptstadt. Vor etlichen Jahren, so erzählt David, haben seine Eltern daher festgestellt, dass Waidmannslust genau der Ort ist, an dem sie leben und alt werden wollen. Also haben sie Charlottenburg den Rücken gekehrt und sind mit ihren zwei Söhnen in den Berliner Norden gezogen.

Davids Vater stammt aus Afghanistan und zog im Jahr 1978 von Kabul nach Westberlin, um dort Informatik zu studieren. Seine neue Bleibe sollte damals ein Studentenheim am Teufelsberg sein. Davids Mutter dagegen ist gebürtige Schwarzwälderin, die sich Ende der Siebziger bei der ZVS um einen Studienplatz in Zahnmedizin beworben hatte.

Die ZVS wies ihr einen Studienplatz in Berlin zu – doch was heute der Traum eines jeden Erstsemesters ist, war in der Zeit des Kalten Krieges so ziemlich das Letzte, was sich Eltern für ihre Kinder wünschten. Zu groß war die Bedrohung, zu mulmig das Gefühl im Bauch.

Dennoch trat sie wenig später dort ihr Studium an – und ihr Weg führte sie geradeaus in dasselbe Studentenwohnheim am Teufelsberg, in dem ein Jahr zuvor schon Davids Vater eingezogen war. Der war dort mittlerweile Ansprechpartner für die Erstsemester, weshalb sich beide bald begegneten. Ab dem ersten Moment, so erzählt David, habe sein Vater gewusst, dass dies die Frau ist, die er heiraten will – was er ein Jahr später auch tatsächlich tat.

Jonas:
Denkst du manchmal darüber nach, wie sich die Dinge wohl entwickelt hätten, wenn sich deine Eltern damals nicht am Teufelsberg begegnet wären?

David:
Früher habe ich mir darüber tatsächlich öfter mal Gedanken gemacht. Aber diese Gedankenspiele enden ja relativ schnell, weil man in jenem speziellen Fall gar nicht geboren worden wäre.
Es gibt zwar Menschen, die die Theorie vertreten, dass die Seele immer und unabhängig von einem Körper existiert und es unerheblich ist, wie und wann man geboren wird, aber ich persönlich glaube, dass mein Leben auch dann nicht genau so gewesen wäre, wie es bis jetzt gewesen ist. So ist das Einzige, was ich wirklich in mir trage, ein unbeschreibliches Gefühl von Glück – weil ich mein Leben wirklich mag.

Wenn ich Gefahren einschätzen soll, merke ich oft erst im Nachhinein, wie waghalsig ich eigentlich unterwegs war.

Jonas:
Als dein Vater damals zum ersten Mal vor deiner Mutter stand, wusste er instinktiv, dass sie die Richtige ist. Lässt du dich selbst auch weitgehend von deinem Instinkt leiten?

David:
Das kommt sehr auf die Situation an. Wenn es etwa darum geht, einen anderen Menschen einzuschätzen, kann ich mich ziemlich gut und recht schnell auf mein Bauchgefühl verlassen. Wenn ich allerdings Gefahren einschätzen soll, merke ich oft erst im Nachhinein, wie waghalsig ich eigentlich unterwegs war. Und ich stelle erstaunt fest, wie viel Glück ich letzten Endes immer wieder hatte, wenn ich beispielsweise von irgendeinem Felsen gesprungen bin oder auf dem Rennrad gesessen habe – und unzähligen Autotüren ausweichen musste.
In beruflichen Dingen neige ich eher dazu, mich auf meine Stärken zu verlassen als über meine Schwächen nachzudenken. Ich finde, es bringt dich einfach schneller zum Ziel, wenn du dort mit einer gewissen Selbstsicherheit auftrittst.

Wir betreten den Wald und folgen David entlang eines schmalen Pfades, vorbei an Bäumen und Gestrüpp. Es hat ein wenig geregnet, Nebel liegt über dem Boden. An Blättern und Nadeln bilden sich langsam Tropfen, die irgendwann zu Boden fallen.

David führt uns vorbei an einer kleinen Lichtung zu einer Waldquelle, die etwas abseits liegt. Die alten Nadelbäume stehen hier so dicht, dass man glaubt, es sei bereits die Dämmerung angebrochen. Nur ab und zu gelingt es einem Sonnenstrahl, die dunkelgrüne Mauer zu durchbrechen und das kühle Quellwasser zum Glitzern zu bringen.

Während wir uns an diesem verwunschen wirkenden Ort ein wenig umsehen, hebt David seinen Kopf, blickt zu den Baumwipfeln und atmet tief ein. Es wirkt, als wolle er mit seinen dunklen Augen das wenige Sonnenlicht auffangen, das sich seinen Weg durch die dichte Nadelwand bahnen konnte.

Für einige Minuten genießen wir die wundervolle Stille, bevor wir uns wieder auf den Weg machen. David führt uns immer tiefer in den Wald hinein. Plötzlich spüren wir unter unseren Füßen Sand, erst ein wenig, dann immer mehr. Der sandige Weg wird breiter, wächst zu einem kleinen Hügel an und baut sich schließlich vor uns zu einer großen Düne auf – mitten im Wald, mitten in Berlin!

Tief beeindruckt steigen wir hinauf und lassen uns auf dem sonnenwarmen Sand nieder. Noch so ein Ort, an dem nichts anderes als die Stille zählt. An dem man Freiheit atmet. Und Glückseligkeit fühlt.

Wir lassen unsere Rücken in den weichen Sand fallen und schließen unsere Augen. Wärme, Licht, Unendlichkeit. In einem einzigen Moment.

Jonas:
Ist dies dein Ort der Stille?

David:
Insgesamt ist der Wald in Waidmannslust mein Ort der Reinkarnation, mein persönliches Refugium vor der Hektik der Stadt. Ich bin total glücklich, an so einem friedlichen Stückchen Erde aufgewachsen zu sein und leben zu dürfen.
Hier im Wald kann ich vollkommen in meine Umgebung eintauchen und mich lösen von meinem sozialen Umfeld. Oft suche ich mir hier einen Platz, von dem aus ich die Umgebung am besten auf mich wirken lassen kann. Ich fixiere dann irgendeinen Punkt in der Ferne und lasse mich innerlich komplett fallen – die pure Entspannung!
Ich liebe es aber auch, mich hier in der Gegend abends auf mein Rennrad zu setzen oder einfach durch den Wald zu joggen, um die physische Energie rauszulassen, die sich am Tag an der Uni angestaut hat und für die es sonst kein Ventil gab.
Zu Beginn meines Studiums bin ich für ein Jahr nach Moabit gezogen, wo ich auch schon während meiner Schulzeit recht häufig unterwegs war. Viele meiner Freunde wohnen dort, daher fühle ich mich in Moabit ebenso heimisch wie in Waidmannslust – und dementsprechend gibt es auch dort den einen oder anderen Ort, der für mich eine besondere Bedeutung hat und an dem ich Stille finde, wenn ich sie suche.

Jonas:
Ist Stille für dich eine Form von Freiheit – und Freiheit in der Konsequenz ein ebenso wichtiges Thema in deinem Leben?

David:
In gewisser Weise bedeutet das Finden von Stille für mich schon eine gewisse Freiheit. Ich glaube aber, dass ich viel zu behütet aufgewachsen bin und viel zu frei erzogen wurde, weshalb ich mich nicht erdreisten würde, Freiheit als das zentrale Thema meines Lebens zu verstehen. Trotzdem kann ich sie natürlich in ihrer tiefen Bedeutung greifen und weiß um ihren enormen Wert. Sie ist mein ständiger Begleiter und für mich die absolute Grundvoraussetzung für ein glückliches und erfülltes Leben.
Dabei wäre es allerdings ziemlich heuchlerisch zu fordern, dass jeder Mensch nach der Maxime leben sollte, möglichst frei zu sein. Es ist leider auf der Welt viel zu vielen Menschen nicht vergönnt, ein Leben in Freiheit zu führen. Ich glaube, dass mich dieses Wissen darum auch dazu bringt, mein eigenes Leben möglichst gut zu strukturieren und die Freiheit, die mir geschenkt wurde, effektiv und verantwortungsvoll zu nutzen.
Um es konkret zu sagen: Ohne diese Einstellung hätte ich wahrscheinlich kaum so früh angefangen, Jura zu studieren. Für die einen bedeutet Freiheit, überall hingehen zu können und zu dürfen. Für mich heißt Freiheit vielmehr, in jungen Jahren alle beruflichen Chancen nutzen zu dürfen, um später mit meiner Familie und meinen Kindern ein glückliches und erfülltes Leben führen zu können.

Jonas:
Also ist Familie der zentrale Begriff deines Lebens.

David:
Ja, Familie ist der erste und wichtigste Bezugspunkt in meinem Leben. Sie ist die Konstante, auf die ich mich glücklicherweise immer verlassen kann und die mich auf den Boden der Tatsachen zurückholt.

Es bringt dir absolut gar nichts, wenn du nur Leute um dich herum hast, die dir ständig sagen, wie toll du vielleicht bist oder wie gut du etwas gemacht hast.

Jonas:
Neigst du dazu, gelegentlich den Boden der Tatsachen aus den Augen zu verlieren?

David:
Mein Vater hat mich immer einen Träumer genannt, weil ich früher wahnsinnig große Vorstellungen davon hatte, was ich alles einmal werden will und wie ich mein Leben gestalten will. Dabei habe ich aber nie wirklich darüber nachgedacht, wie der Weg zu diesem Ziel tatsächlich aussehen soll.
Daher versucht mein Vater auch, mich nie zu sehr zu loben, sondern mich eher mit konstruktiver Kritik zu unterstützen und mir seine wichtigsten Weisheiten des Lebens mit auf den Weg zu geben. Auch wenn man das als Kind vielleicht noch nicht so versteht: Je älter man aber wird, desto mehr erkennt man den Sinn dahinter. Es bringt dir absolut gar nichts, wenn du nur Leute um dich herum hast, die dir ständig sagen, wie toll du vielleicht bist oder wie gut du etwas gemacht hast.

Wieder einige Wochen später, es ist mittlerweile September.

Wir treffen David Peroz ein weiteres Mal, diesmal in Moabit, was ihm neben Waidmannslust und dem Schwarzwald ebenfalls ein Zuhause ist. In einem kleinen türkischen Imbiss kaufen wir frische Gözleme und wandern zur Spree, wo wir uns gegenüber des Bellevue Ufers auf einer Mauer niederlassen. Vor uns gleiten Ausflugsboote über das Wasser, im Hintergrund ist gelegentlich das Rattern der S-Bahn zu hören.

Es wird von Minute zu Minute dunkler, die Dämmerung schleicht sich langsam ein. Während wir den Ausblick auf das hell erleuchtete Schloss Bellevue genießen, erzählt David, dass dies ein weiterer jener Orte ist, an den es ihn zieht, wenn er seine Stille sucht oder Zeit mit seinen Freunden verbringen will.

Hungrig machen wir uns über die noch warmen Gözleme her und David erklärt, dass es in Afghanistan eine ganz ähnliche Spezialität gibt, die Bolani heißt: gefüllte Teigtaschen mit Kartoffeln oder Lauch.

Ich finde, man kann Dinge nur zu 100 Prozent wirklich beurteilen, wenn man selbst vor Ort war und sich sein eigenes Bild von den Umständen machen konnte.

Jonas:
Hast du daher das Gefühl, vieles aufholen zu müssen?

David:
Oh ja, das muss ich tatsächlich. Afghanistan kenne ich ja lediglich aus den Erzählungen meiner vielen Verwandten, die über die ganze Welt verstreut sind und zu größeren Familienfesten immer wieder zusammenkommen. Da erhält man natürlich einen gewissen Einblick in die Kultur, aber das ist einfach nicht dasselbe.
Ich glaube, dass ich darüber hinaus auch etwas aufzuholen habe, was die generelle Sicht auf die Dinge und das Land angeht. Man ist bei seiner Wahrnehmung von außen ja leider der selektiven Berichterstattung der Presse ausgesetzt. In Deutschland beziehungsweise Europa werden einem in den Medien nur kleine Ausschnitte serviert, die irgendeine Redaktion für wichtig erachtet hat und die meistens mit den kriegerischen Auseinandersetzung innerhalb Afghanistans zu tun haben. Dabei wird leider komplett ausgeblendet, dass es dort auch eine funktionierende Zivilgesellschaft gibt.
Ich finde, man kann Dinge nur zu 100 Prozent wirklich beurteilen, wenn man selbst vor Ort war und sich sein eigenes Bild von den Umständen machen konnte. Und genau das ist es auch, was ich mir von meinem allerersten Afghanistanbesuch erhoffe.

Jonas:
Das heißt, du stehst den Medien eher kritisch gegenüber?

David:
Ich finde, dass es uns die heutige Informationstechnologie generell viel zu leicht macht, Wissen auszulagern und nicht mehr zu hinterfragen. Das geht an manchen Stellen sogar so weit, dass es vielen daran mangelt zu wissen, wie man im Leben zurechtkommen würde, wenn man nicht in die Komfortzone eines wirtschaftlich gesunden und friedlichen Systems hineingeboren wäre.
Unsere Großeltern im Schwarzwald wussten zum Beispiel noch, wie man Obst und Gemüse anbaut – das sicherte ihnen das Überleben. Dieses Wissen ist heute nicht mehr relevant. Man gibt sich damit zufrieden, dass im Supermarkt alles verfügbar ist. Um das Wie und Wo macht man sich dabei nicht mehr wirklich viele Gedanken.

Jonas:
Hat dich die imposante Natur des Schwarzwalds sehr geprägt?

David:
Ja, total! Wenn ich mich in Berlin in den Zug setze und im Schwarzwald wieder aussteige, atme ich tief ein und bin wie euphorisiert von der frischen Luft. Ich liebe auch das Geräusch des plätschernden Wassers, das aus einem Brunnen in der Nähe des Hauses meiner Großeltern sprudelt. So etwas ist wundervoll und hat eine sehr beruhigende und tiefenentspannende Wirkung auf mich. Afghanistan soll übrigens ähnlich atemberaubende Landschaften haben, alleine deshalb bin ich sehr gespannt darauf, was mich dort erwartet.
Ich muss aber zugeben, dass ich nach spätestens einer Woche Schwarzwald irgendwie anfange, Berlin zu vermissen. Dann setze ich mich wieder in den Zug, fahre zurück und hole am Hauptbahnhof genauso tief Luft wie bei meiner Ankunft im Schwarzwald.
Wenn ich nach einer Woche im Süden Deutschlands wieder die Berliner Luft schnuppere, denke ich jedes Mal: Es ist so schön, hier zuhause zu sein.

Jonas:
Was ist für dich denn das Besondere an Berlin?

David:
Ich glaube, es ist diese Zwanglosigkeit und Vielfältigkeit der Stadt. Alleine die Tatsache, dass wir kein wirkliches Stadtzentrum, sondern viele verschiedene Stadtteilzentren haben, finde ich wahnsinnig toll. Es gibt in Berlin so viele Möglichkeiten, sich immer genau das auszusuchen, worauf man gerade Lust hat.

David lächelt. Er scheint gerade der zufriedenste Mensch auf Erden zu sein. Während wir auf der Ufermauer sitzen und unsere Blicke auf der Spree verlieren, spiegeln sich die Lichter der Ausflugsboote in seinen tiefen dunklen Augen.

David:
Ich finde Schiffe ja richtig toll, irgendwie war so etwas immer schon mein Traum! Stell’ dir vor, du hättest ein eigenes Boot und könntest an jedem Hafen der Welt anlegen — das wäre die absolute Freiheit!

Je weniger materielle Dinge man besitzt, desto weniger kann man auch vermissen.

Jonas:
Auf so einem Boot könntest Du aber nicht wirklich viel mitnehmen.

David:
Ach, das wäre gar nicht das Schlechteste. Je weniger materielle Dinge man besitzt, desto weniger kann man auch vermissen. Und das einzig Wichtige hätte man ja eh immer dabei: sein eigenes Zuhause.

Die Nacht hat sich mittlerweile über Berlin gelegt, die Spree wirkt wie ein schwarzer Spiegel. Wir entscheiden, noch einige Meter am Ufer entlangzuwandern. Schweigend schlendern wir über die kleine Lutherbrücke und spazieren auf der anderen Wasserseite zurück in Richtung S-Bahnstation.

Nach ein paar Minuten bleibt David plötzlich stehen und lächelt. Seine dunklen Augen funkeln so stark, als hätten die bunten Lichter der Spreeboote sie zu ihrem neuen Zuhause erklärt.

Der junge Mann schließt seine Lider, atmet tief ein und hält erneut die Zeit an – wie damals, am Abend des 21. Juni 2013 im Nordosten Kreuzbergs.

Es gibt Menschen, die behaupten, es gebe keine Zufälle im Leben. Alles sei vorherbestimmt und alles habe seinen Grund. Geschehen würde es, weil es so geschehen solle.

Und das sei gut.